Samstag, 8. Februar 2014

Via de la Plata, 1000 km auf den Spuren der Römer (Spanien, Dezember 2013+14)



Zwischenstopp in Palma de Mallorca auf dem Weg nach Sevilla. Beim Blick auf die Serra Tramuntana werden Erinnerungen an eine GR 221 - Tour im Dezember 2009 wach (Bericht).



Eine stabile, trockene Hochdrucklage in Andalusien lässt auf einen guten Start der Wanderung hoffen. Am Torre del Oro (rechts), einem von Sevillas Wahrzeichen, ist es morgens mit 4 °C zwar noch recht frisch, bei strahlendem Sonnenschein wird es tagsüber aber bis über 20 °C warm.



Die Kathedrale mit der berühmten Giralda auf dem Hauptturm. Mit etwas Glück bekommt man hier auch den ersten wichtigen Stempel ins Credential. Die Reise kann beginnen...



...und zwar an der ersten Markierung der Via de la Plata am Eckhaus einer unscheinbaren Seitengasse direkt neben der Kathedrale. Schnell lässt man die Altstadt Sevillas hinter sich, durchquert die urbanen Randbezirke bis schon nach wenigen Kilometern mit der Römerstadt von Italica die erste geschichtsträchtige Sehenswürdigkeit auftaucht.



Nach den eher tristen Randbezirken von Sevilla braucht es noch ein wenig Gedult bis die für die südliche Via eher typischen Landschaftsbilder beginnen: Von Land- und Viehwirtschaft geprägte weite Ebenen; Oliven, Wein, Orangen, Mandarinen, Kühe, Schweine.



Wo ausgedehnte Weideflächen eine andere Wegführung behindern führt der Weg leider kilometerweit über (zum Glück wenig befahrene) Landstrassen. Nicht gerade spannend zu wandern, aber dafür kommt man zügig voran. Traurig und schade für die Pilgertradition finde ich, dass so manche "Fußpilger" auch auf Taxi oder Bus umsteigen.



Ausgedehnte Steineichenwälder im Parque Natural Sierra Norte, in denen sich dunkle iberische Schweine genüsslich von den Eicheln ernähren, entschädigen mich für so manchen Straßenkilometer.



Die Grenze zur Provinz Extremadura wird durch einen idyllischen Bachlauf markiert. Weit und breit der schönste Zeltplatz!



Was ich im trockenen Andalusien eigentlich am wenigsten erwartet hätte sind die öfters mal vorhandenen Furten. Schon bei trockener Wetterlage schwer passierbar, bei Regenwetter heisst es garantiert Waten - nicht gerade angenehm an so einem wunderschönen, aber kühlen Morgen (knapp über 0 °C)! Allein schon das unterscheidet die Via von der Autobahn des Camino frances (s. Bericht).



Olivenplantagen so weit das Auge reicht.



Wie die Menschen schon vor hunderten von Jahren flaniere ich über die schon zur römischen Zeit gebaute Brücke ins Zentrum von Merida hinüber.



Einfach faszinierend welche bautechnischen Fähigkeiten die Römer besaßen. Über das Aquadukt führten sie Wasser von einem kilometerweit entfernten, eigens angelegten Stausee nach Merida.



Die haben's vielleicht gut im Vergleich zu anderen Mastschweinen in engen, dunklen Ställen! Einer der Gründe warum der "Jamon iberico" so berühmt ist.



Irgendwann endet auch in Südspanien die stabilste, trockenste Wetterphase. Bei stürmischem Dauerregen kann der ausgetrocknete Boden das ganze Wasser nicht aufnehmen. Erosion ist oft die Folge.



Quasi mitten in der Landschaft taucht plötzlich dieser Stein auf. In Wahrheit römischer Meilenstein und Briefkasten in einem. So wird man hier daran erinnert, dass man gerade auf den Resten einer alten Römerstraße wandert.



Frostiges Farbenspiel in der Morgenstimmung bei Cazar de Caceres.



 Für kurze Zeit führt die Strecke am Ufer des Tajo-Stausees entlang, gleichzeitig ein Streckenabschnitt des GR 113 Camino Natural del Tajo.



Der römische Bogen von Caparra, Symbol der Via de la Plata und Teil der umfangreichen Ausgrabungen an dieser Stelle.



Wegen des Regenwetters sind sämtliche Bäche zu ernsthaften Hindernissen geworden. Hier wird mir entgültig bewusst, dass ich vom trocken-warmen Südspanien schon bald in die nördlichere Provinz Castilia y Leon hineinwandere. Die nicht allzu entfernten Berggipfeln sind von Neuschnee bedeckt.



Gut, wenn die rührend besorgte Hospitalera in der kleinen Albergue das Kaminfeuer anzündet - für mich als  einzigen Gast. Was für ein Service bei 8 Euro Übernachtungspreis!


Nach ca. 500 km (knapp die Hälfte der Via de la Plata) endet meine Reise in der wirklich sehenswerten Stadt Salamanca. Während ich am nächsten Tag gemütlich in einem ALSA - Fernbus zurück nach Sevilla sitze, zieht in ca. 7 Stunden die gesamte Landschaft am Fenster vorbei, die ich in den vergangenen Wochen durchwandert habe.



Abends im Stadtteil Triana kommt das südliche Flair von Sevilla besonders deutlich rüber. Natürlich bin ich traurig, dass ich das angenehm milde Spanien verlassen muss, gleichzeitig freue ich mich aber schon auf die geplante Fortsetzung der Wanderung im nächsten Jahr, bei der ich während der Anreise gleich noch die Hauptstadt Madrid ein Wenig kennenlernen werde.



Ziemlich genau ein Jahr später wandere ich von genau der Stelle aus weiter, wo ich die Via 2013 verlassen hatte. Wer schon bis hierher gewandert ist, für den sind endlos flache Weiten nichts Ungewohntes mehr, zwischen Salamanca und Granja de Moreruela sind die Pisten aber besonders monoton.



Irgendwo zwischen Salamanca und Zamora geht es stundenlang an einem stillgelegten Bahngleis entlang. Die verrosteten Schilder und Signale versprühen irgendwie einen gewissen Wildwest-Charm.



Die für ihren ungewöhnlichen Reichtum an romanischen Kirchen bekannte Stadt Zamora taucht idyllisch an einem Fluss gelegen auf.



Ganz besonders gut hat mir hier der Aufenthalt in der städtischen Pilgerherberge mit ehrenamtlicher Betreuung durch den in Frankreich lebenden Hospitalero gefallen. Kaum zu glauben, wie toll die Herberge in einem sehr schön renovierten, historischen Gebäude in der Altstadt ausgestattet ist. Auf mehreren Etagen gibt es mehrere Schlafräume mit eigenem Bad, Wohnzimmer mit Sofa und Esstische, große Küche etc..




In Granja de Moreruela muss man sich entscheiden, ob der Weiterweg nach Norden über Astorga auf den Camino Frances führen soll, oder nach Westen entlang der portugiesischen Grenze über Ourense nach Santiago de Compostela. Ich nehme den Weg über Ourense, auch Camino Sanabres genannt.



Nach der Brücke über den Rio Esla...


...führt ein Pfad für kurze Zeit an dem engen, fast schluchtartigen Tal entlang und hinauf auf die Klippen mit fantastischer Aussicht. Landschaftlich für mich eines der schönsten Wegstücke auf der gesamten Via!



Nur ein paar Kilometer später kann man schon wieder den gesamten Weg für die nächste Stunde Wandern überblicken. In der Ferne das Dorf  Fontanamos de Tabara.



 An einem frostigen Morgen bei -6 °C, kurz nach Puebla de Sanabria, suche ich  noch im Dunkeln den Weiterweg. Ausgerechnet dann endet der Weg mal wieder abrupt an einer ca. 10 m tiefen Schneise mitten durch die Landschaft. Schon zum x-ten Mal wird die Strecke durch die gigantische Baustelle der Hochgeschwindigkeitsbahnlinie Madrid - Santiago zerschnitten.



Da hilft auch keines der an diesem Tag noch mehrfach auftauchenden Umleitungs- und Entschuldigungschilder! Erst nach verzweifeltem Herumsuchen und Durchklettern der Baustelle kann ich die alte Markierung finden. Am Ende laufe ich frustriert ein Stück auf der etwa parallel verlaufenden Nationalstraße N-525 - da weiss ich wenigstens wo die hinführt, und dass die nicht einfach aufhört.



Vor allem auch wegen der zahlreichen neuen Tunnel ist die neue Bahnlinie ein Projekt mit gigantischem Aufwand. Ich will nicht wissen wieviele Miliarden Euro die EU (also auch meine Steuern) in dieses Projekt versenkt.



Auf dem kastilischen Scheidegebirge überquere ich endlich die Grenze zur Provinz Galicien. Für mich ein Gefühl der Erleichterung und Freude! Nicht nur weil die endlosen Pisten auf staubiger, roter Erde ein Ende haben, sondern vor allem weil ein um diese Jahreszeit immer möglicher Wintereinbruch mir nun nichts mehr anhaben kann. Jetzt geht's von ca. 1300 m ü. NN quasi nur noch abwärts dem Meer entgegen.



Wie schön mal wieder auf richtigen Wanderpfaden durch grüne Landschaften zu schlendern!



Auch die im frostigen Nebel mit Reif überzogene Natur hat durchaus ihre Schönheit - zumindest wenn man dick eingepackt in mehrere Isojacken, Mütze und Handschuhen nicht frieren muss.



Wieder geht eine unvergessliche Reise ihrem Ende entgegen. Mit dem Berühren der uralten Steine und dem Betreten des Platzes vor der Kathedrale in Santiago findet meine Wanderschaft ihren Abschluss.



Planungsinfos:

Anreise/Abreise: 
Sevilla, Madrid, Valladolid, Santiago de Compostela mit internationalen Flughäfen. Regelmäßige und preiswerte nationale Fernbusverbindungen (ALSA, Avanza, Movelia).

Karten/Führer:
Topokarten nicht nötig. Führer z.B. Via de la Plata, Raimund Joos, Michael Kaspar, Outdoor Verlag. Unterkunftsverzeichnis Via de la P. von Sidonia Maria Haas (s. http://www.jakobusfreunde-paderborn.eu/Pilgertips.html)

Markierung/Weg:
Hauptsächlich mit gelben Pfeilen markiert, allerdings nur in Nordrichtung, öfters schlecht gewartet. In der Extremadura Stein- und Blechquader mit grüner, gelber oder gelb / grüner Markierung, Kastilien und Galicien auch Granitsteine. Wegen der Bauarbeiten an der Hochgeschwindigkeits-Zugstrecke Madrid-Zamora-Ourense-Santiago wurde die Strecke der Via sehr oft unterbrochen, neue Wegführungen (noch) nicht oder mangelhaft markiert.

Übernachtung: 
Zelt/Biwak. Unbedingt Leave No Trace! In Andalusien auch im Winter selten Minusgrade. Fast in jedem Ort eine städtische und / oder private Pilgerherberge (Albergue municipal), im Winter allerdings viele geschlossen!

Proviant/Wasser: 
Meistens auch in den kleinen Orten Einkaufsmöglichkeiten. Abschnittsweise wenig Wasserquellen (Entkeimungsmittel ratsam!).
 
Geld: 
In den Herbergen nur Barzahlung möglich. Oft kein Wechselgeld vorhanden!

Mobilfunk/Internet:
Wohl überall Empfang, oft kostenloses Wifi/WLAN in Herbergen, Bahnhöfen, Bibliotheken.

Links:

Sonstiges:
Die Via (Ruta) de la Plata ist KEIN Wanderweg, sondern eine historische Pilgerroute. Die Wegführung orientiert(e) sich daher nicht an üblichen Kriterien von Wanderwegen (Naturerlebnis, Pfadanteil etc.), sondern geht den "Weg des geringsten Widerstandes" d. h. heute hoher Asphaltanteil und landschaftlich teils monotone / öde Strecken, vor allem von ca. Salamanca bis Granja de Moreruela.
Mit der richtigen Erwartung und Einstellung kann das Wandern durch diese einsamen, schier endlosen Weiten aber auch ein unvergessliches Erlebnis sein. Vor allem die südliche Hälfte der Via ist für mich ein tolles Winterwanderziel.